UMTaufen des Salierringes in Harald-Hermann-Ring

20.09.2017

Beim Besuch eines sardischen Restaurant in der Nähe des Barbarossaplatzes erklärt der Chef des Restaurants, das auf keinen Fall sein Name, der Name seines Vaters oder seiner Mutter auf irgendeinem wie auch immer gearteten Schild auftauchen darf. Auf Nachfrage nach einer Begründung für den Rückzieher so kurz vor der Kunstaktion macht der Restaurantleiter den Vorschlag, das Straßennamenschild im Schriftzug den Restaurantnamen zu nennen. Ich erkläre, das es sich damit um Werbung handeln würde. Das könne ich vermutlich genauso wenig begrüßen, wie er seinen Namenszug auf dem Straßennamenschild am Salierring. Beim gedankenverlorenen und etwas desillusionierten Fußmarsch entlang der Kölner Ringe Richtung Chlodwigplatz erklärt ein Mann einer Gruppe Obdachloser: „Um die Ecke gibt’s Kaffee!“ Ich bedanke mich und gehe um die Ecke in den „Treff“ der Diakoniestelle und stelle mich in die Schlange zur Kaffeeausgabe. Mit dem Pott Kaffee in der Hand frage ich nach dem Leiter des Treffs und werde zu Klaus geführt, der sich meine Schilderungen über das Projekt UMTaufen der Kölner Ringe mit Seelenruhe anhört, um mir dann mitzuteilen: „Da drüben sitzt der Harald, Harald Hermann. Das ist Dein Mann für das Projekt!“

 

Er begleitet mich zu Herrn Hermann und stellt uns vor, lässt uns dann allein, um weiter Teller, Kaffeebecher und Besteck zu waschen. Harald Hermann fragt noch einmal nach, was ich mache und was es mit dem UMTaufen auf sich hat. Ich erkläre, ich würde außergewöhnliche Persönlichkeiten des öffentlichen Kölner Lebens suchen, die aber öffentlich übersehen würden. Er behauptet, das träfe auf ihn sicher nicht zu, da er draußen übernachte, das würde ja nicht übersehen. „Andererseits“, hält er inne, „übersehen mich die Leute ja doch. Schließlich nehmen mich die meisten ja doch nicht wirklich war, wenn sie an mir vorbei gehen.“ Er fragt nach meinem Beruf, meiner Familie, meinem Sohn und warum ich mich für Kunst interessiere. Ich behaupte, ich interessiere mich gar nicht so sehr für Kunst, eher für das Leben und meine Mitmenschen, deshalb säße ich wohl hier. Ein älterer Herr kommt an unseren Tisch und meint, der Treff würde gleich schließen. Harald müsse sich beeilen mit dem mit dem Brötchen, wenn er das noch hier zu sich nehmen wolle. Harald verspricht, sich zu beeilen. Er habe aber einen Gast, der ihn vom Essen abhalte. Ich verspreche, ihn nicht weiter beim Essen zu stören und frage, ob wir uns am morgigen Freitag gegen 11 Uhr hier wieder treffen könnten. Ich würde gerne ein bisschen weiter mit ihm plaudern. Herr Herrmann sagt zu und wir verabreden uns für 11 Uhr an gleicher Stelle.

Am Nachmittag erkläre ich gegenüber dem Kulturamt der Stadt Köln, dass das UMTaufen des Salierringes in Danil-Ligas-Ring am 02.10.2017 nicht stattfinden kann. Der Restaurantbetreiber habe einen Rückzieher gemacht.

 

21.09.2017

Um 11 Uhr sitze ich am Tisch des Diakonie „Treffs“ am Kölner Salierring und warte auf mit einem Pott Kaffee auf Harald Hermann. Um 12.08 Uhr verlasse ich die Anlaufstelle für Obdachlose, frage noch, ob der Treff am Wochenende auch geöffnet sei. Die Dame, die Kaffee und Frühstück ausgibt erklärt, erst am Montag, dem 25.09.2017, sei wieder geöffnet.

 

25.09.2017

Gegen 11 Uhr bestelle ich mir einen Pott Kaffee und setze mich an den Tisch, an dem ich am Donnerstag vergangener Woche mit Harald Hermann gesessen habe. Ich warte… Um 13 Uhr wird der „Treff“ geschlossen. Ich gehe.

 

26.09.2017

Um 11.27 Uhr bestelle ich einen kleinen Kaffee im Treff und frage nach Klaus, dem Leiter der Einrichtung, da ich Harald im heute gutbesuchten „Treff“ nirgends ausfindig machen kann. Die Mitarbeiterin hinter der Kaffee- und Essensausgabe teilt mit, Klaus stehe draußen im Hof bei den Rauchern. Ich stelle mich in die Runde, die sich dann umgehend auflöst. Klaus erinnert sich an mich, trotzdem erkläre ich kurz, ich sei auf der Suche nach Harald Hermann. Klaus fragt, ob ich einen Termin mit ihm gemacht hätte. Ich nicke. Klaus erklärt, dass es mit Terminen und „Harry“ schwierig sei. Er habe ihn danach nochmal gefragt, ob wir uns verabredet hätten, Harald Hermann habe bestätigt, dass wir für Freitag um 11 Uhr ein Treffen hier im „Treff“ vereinbart hätten. Klaus habe daraufhin gefragt, wie das denn gehen solle? Wenn man sich mit ihm verabrede für den nächsten Tag, sehe man ihn zufällig nach 3 Wochen auf der Straße wieder. So sei eben „Harry“ – Termine und Harald seien extrem schwierig. Das würde nicht klappen. Man müsse ihn eben an die Hand nehme und mit ihm sofort alles besprechen. Es habe ein mal ein Projekt mit der Filmhochschule gegeben, die hätten ihn hier Mittags immer abgeholt. Das würde er mir auch vorschlagen. Harald sei plötzlich mal für 14 Tage in Hamburg, in Saarbrücken oder sonst irgendwo. Er sei ein sehr netter und angenehmer Mensch, der aber niemals heute wüsste, was er Morgen macht. Er sei eben sehr spontan. Außerdem habe er schnell das Gefühl, dass man etwas von ihm wolle. Dann sei er immer sofort verschwunden. Ich erkläre, ich wolle keinesfalls aufdringlich sein und frage, ob ich meine Telefonnummer dalassen könne für den Fall, das er wieder auftauche. Klaus ist einverstanden und verspricht, mich anzurufen, wenn Herr Hermann wieder im Treff sei. Ich gebe an, in 10 Minuten hier sein zu können. Er werde mich dann sofort anrufen, so der Leiter des „Treffs“. Klaus gibt mir noch die Information mit auf den Weg, dass man Videos der Produktion der Filmhochschule auf youtube finden könne unter Mittagessen gegen Gespräch oder Gespräch gegen Mittagessen. Zuhause angekommen suche ich nach den Videos im Internet, kann aber leider nichts dergleichen finden …

 

06.11.2017

Der Salierring wurde, wie ordnungsbehördlich genehmigt, in den Harald-Hermann-Ring „umgetauft“. Die Auflagen vom Ordnungsamt sehen vor, dass das Straßennamenschild mit weißer Schrift vor goldenem Hintergrund, auf dem Kopf stehend, mit rückseitigem Hinweis auf die Kunstaktion StadtLabor unterhalb des „Salierring“-Straßennamenschildes angebracht werden soll. Da mit Harald Hermann ein lebender, langjähriger und liebenswerter Stammgast des Wohnungslosen- und Diakoniecafés „Treff“ nun mit seinem Namen die Kölner Ringe adelt, steht die Welt der sonst dem historischen deutschen Hoch- und Geldadel vorbehaltenen Namensgeberschaft auf dem Kopf …

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